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Steile Karriere mit Behinderung

Als Bub möchte Norbert Forster als Landwirt arbeiten, doch eine angeborene Gelenkversteifung schränkt seine Berufswahl ein. Er entscheidet sich für eine kaufmännische Lehre im bernischen Rossfeld. «Ein Glücksfall», empfindet der 47-Jährige heute.

Berg | © unsplash

Behinderungen und beruflicher Erfolg schliessen sich nicht aus. (unsplash)

Norbert Forster blickt auf eine lange Karriere zurück im Berner Rossfeld. Das Schulungs- und Wohnheim Rossfeld gibt körperbehinderten Jugendlichen unter anderem die Möglichkeit, eine kaufmännische Ausbildung auf dem Niveau der Regelschule zu absolvieren. Seit zehn Jahren ist Norbert Forster Chef der kaufmännischen Abteilung, dort wo er vor 28 Jahren seine Lehre begonnen hat.

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Ein Mann hält den Daumen hoch. | © pexels

Bürojob als Alternative

Norbert Forster wuchs in Andwil auf, einem kleinen St. Gallischen Dorf. Durch eine angeborene Gelenkversteifung ist er schon als Kind auf einen Rollstuhl angewiesen und muss viele Operationen auf sich nehmen. Das hindert ihn nicht, die öffentliche Schule zu besuchen. «In der Schule war ich sehr gut integriert», erinnert sich der 47-Jährige, «doch bei der Lehrstellensuche wurde es dann etwas schwieriger.»   

Als Bauernbub hätte er gerne auf dem heimischen Hof als Landwirt gearbeitet, doch sein Körper setzte ihm Grenzen. «Für die vielen manuellen Arbeiten auf dem Bauernhof waren meine Hände zu wenig beweglich.» Die IV-Berufsberatung empfiehlt ihm, nach Bern zu ziehen, um dort eine kaufmännische Lehre im Rossfeld zu absolvieren.

Vom EDV-Spezialist zum Buchhalter

Er habe davon profitiert, dass Menschen mit Behinderung im Rossfeld am gleichen Ort wohnen, in den Kindergarten oder zur Schule gehen, eine Lehre absolvieren und die Berufsschule besuchen können. «Ich habe hier Selbstvertrauen gewonnen und zum ersten Mal gemerkt: Ich kann etwas.» Nach der Lehre muss sich der damals 24-Jährige nicht lange nach einer Arbeitsstelle umschauen. Wieder hilft ihm ein Quäntchen Glück. 

Als das Schulheim Rossfeld vor 50 Jahren gegründet wurde, waren die Rollen klar verteilt: Die Angestellten waren alle nicht behindert, während für die Schüler mit Behinderung nur ein geschützter Arbeitsplatz in Frage kam. «Ein Wechsel in der Direktion trug dazu bei, dass das Rossfeld seine Personalpolitik änderte und anfing auch behinderte Menschen einzustellen», sagt Norbert Forster.  

Mitte der 1980er-Jahre wird der ausgebildete Lehrling im Rossfeld als «EDV-Verantwortlicher» eingestellt und kann seine Affinität für Informatik in seiner Arbeitsstelle voll ausleben. Neben der Arbeit bildet er sich ständig weiter und schafft im Jahr 2000 die Prüfung zum eidgenössisch diplomierten Buchhalter. 

« An einem anderen Ort hätte ich die Ausbildung wohl nicht geschafft. »

Theorie und Praxis in einem Haus

Heute ist Norbert Forster Chef der kaufmännischen Abteilung im Rossfeld. Die kaufmännische Lehre im Rossfeld bietet den Lernenden die Möglichkeit, die theoretische Ausbildung in der Berufsschule und die praktische Ausbildung im hauseigenen Lehrbetrieb zu absolvieren. Mit den Bereichen «Sekretariat», «Texterfassung», «Textverarbeitung», «Desktoppublishing» und «Treuhand» bietet der Lehrbetrieb ein vielseitiges Ausbildungsangebot an. Den Auszubildenden steht ein Internat mit drei Wohngruppen zur Verfügung. Schliesslich rundet die Ergo- und Physiotherapie das ganzheitliche Angebot ab. Rund 40 Lernende absolvieren momentan im Rossfeld die vierjährige Ausbildung mit eidgenössischem Lehrabschluss für Kaufleute E-Profil oder B-Profil.   

« Bei der Arbeit im Rossfeld steht ja der Mensch im Vordergrund und nicht seine Behinderung. »

Barrieren überwinden

Die kaufmännische Abteilung umfasst rund 30 Mitarbeitende, davon sind etwa ein Drittel davon körperlich behinderte Berufsbildner. Die Zusammenarbeit zwischen behinderten und nicht behinderten Angestellten verläuft reibungslos. Dennoch weiss er, dass Unterschiede existieren. «Ich denke, dass sich viele Menschen mit Behinderung im Berufsleben schon bedeutend mehr anstrengen müssen.» Der erschwerte Arbeitsweg, die neben der Arbeit zu absolvierenden Therapien, Barrieren in Betrieben und nicht zuletzt Vorurteile von Kolleginnen und Kollegen sind einige zu überwindende Hindernisse. «Es ist eine Herausforderung, alles unter einen Hut zu bringen», sagt Norbert Forster. Sein Beispiel zeigt, dass Karriere auch mit Behinderung möglich ist. Forsters Karrieretipps sind einfach: «Mein Berufsleben zeigt, dass das Arbeiten auch dann sehr befriedigend sein kann, wenn man seinen Berufswunsch nicht erlernen konnte.» Ebenso liesse sich die Verlangsamung bei der Arbeit durch exaktes und genaues Arbeiten wieder kompensieren. Schliesslich sollten Menschen mit Behinderung ihr Arbeitspensum so wählen, dass sie im Arbeitsleben gefordert, aber nicht überfordert werden.   


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