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Krisenintervention: Soforthilfe für die Ausnahmesituation

Was, wenn man in eine psychische Ausnahmesituation gerät und einfach nicht mehr weiter kann? Immer häufiger stossen Menschen heutzutage an ihre persönlichen Belastungsgrenzen. Wenn eine solche akute Krise auftritt, kann die psychiatrische Krisenintervention Soforthilfe bieten.

Ein Mann ist verzweifelt | © pixabay

Krisenintervention kann in ausweglosen Situationen Wunder bewirken. (pixabay)

Wenn ein Mensch an seine persönlichen Grenzen stösst und sich in einer akuten Krise befindet, vielleicht sogar eine Gefahr für sich oder andere darstellt, wird häufig eine kurzzeitige stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik verordnet. Eine solche kurzfristige Einflussnahme von aussen wird als «Krisenintervention» bezeichnet. Ziel einer Krisenintervention ist es, eine kritische Entwicklung aufzuhalten und zu bewältigen. Yvonne Brühwiler, Burnout-Coach, gibt Auskunft über das Thema. 

Was ist eine Krise überhaupt?

Yvonne Brühwiler erklärt: «Kriseninterventionen kommen zum Zug, wenn eine Person akut fremd- oder selbstgefährdet ist, sowie bei Angstzuständen, Suizidalität, selbst erkanntem Rückfall oder anderen Ausnahmesituationen».

Psychiater:innen nennen diese Ausnahmesituationen auch «Krisen». Prinzipiell können dabei alle psychischen Probleme als Krise aufgefasst werden, aber meist wird damit eine Situation verbunden, in der betroffene Personen von einem Ereignis vollkommen überfordert sind und keinen Ausweg mehr sehen. Einige typische Merkmale einer Krise sind:

  • Angst
  • Nervosität
  • Reizbarkeit
  • Verzweiflung
  • Hoffnungslosigkeit
  • Niedergeschlagenheit
  • Suchtmittelkonsum

Solche Krisen beinhalten meist die Gefahr, dass sich bereits vorhandene psychische Probleme massiv verstärken. Auch deshalb ist im Fall der Fälle eine Krisenintervention äusserst wichtig. 

Krisenintervention – Fremd- oder Selbsteinweisung

Ein grosses Problem für die Krisenintervention ist, dass betroffene Personen oft nicht erkennen, dass sie dringend Hilfe benötigen. Viele konsultieren mit anderen Leiden das ärztliche Fachpersonal, das erst dann die Krise erkennt. «Deshalb ist der übliche Weg der Krisenintervention die Einweisung durch externe Akteure – durch den Hausarzt, die behandelnde psychiatrische Fachperson, eine ambulante Kriseninterventionsstelle, eine psychiatrische Poliklinik oder durch die kantonsärztlichen Dienste. Prinzipiell können sich aber Menschen in Not auch direkt bei einer Klinik melden», so Brühwiler. Dementsprechend ermöglichen die meisten Psychiatrien neben der Anmeldung durch externe Akteure auch eine Selbsteinweisung.

Tritt eine Person die Therapie freiwillig an, kann sie diese grundsätzlich auch jederzeit wieder abbrechen. Eine Ausnahme gilt bei starker Fremd- oder Eigengefährdung. In einem solchen Fall kann die Ärzteschaft der Klinik entweder das Kantonsarztteam beiziehen oder die betroffene Person eine Bestätigung unterschreiben lassen, dass sie gegen Anraten der Ärzte die Klinik verlässt.

Besteht eine akute Gefahr für die Gesundheit der betroffenen Person oder für andere, kann der kantonsärztliche Dienst auch eine Zwangseinweisung verordnen. Wie lange die zu versorgende Person dann in der Klinik bleiben muss, hängt von der Art der psychischen Erkrankung ab und wird von Kantonsärzt:innen in Absprache mit dem Pflegepersonal vor Ort entschieden. 

Ablauf einer Therapie in Zuge einer Krisenintervention

Egal, ob freiwillig oder zwangseingewiesen – am Anfang jeder Krisenintervention muss herausgefunden werden, wo die Probleme der erkrankten Person liegen und welche Therapien in Frage kommen. Brühwiler erklärt: «Der Aufnahmearzt führt deshalb mit dem Patienten/ der Patientin ein Eintrittsgespräch, verordnet die nötigen Medikamente und eventuelle weitere Massnahmen, zum Beispiel stündliche- oder Dauerüberwachung. Danach wird die Person vom Pflegepersonal weiterbetreut.»

In einer stationären Therapie kann der eingewiesene Mensch genauer beobachtet werden als zum Beispiel während einer ambulanten Behandlung. «Zweck einer stationären Therapie sind bessere Überwachung, 24-Stunden-Betreuung, Möglichkeit einer Infusion und eine besseren Überprüfbarkeit beim Einstellen der Medikamente», erklärt Brühwiler. Wie lange ein stationärer Aufenthalt dauert, hängt von der Situation ab. Laut Brühwiler kann der Aufenthalt je nach Diagnose von 24 Stunden bis zu mehreren Monaten reichen, je nach Schwere und Art der psychischen Erkrankung.

Nach der stationären Therapie im Zuge der Krisenintervention ist die Behandlung aber in den meisten Fällen noch nicht abgeschlossen. Damit die Patientin oder der Patient nach der Entlassung nicht wieder in alte Verhaltensmuster fällt und früher oder später wieder in der Klinik landet, werden die meisten nach dem Austritt weiter begleitet. Wie diese Begleitung genau aussieht, hängt von der betroffenen Person ab. Brühwiler erklärt: «Oft gehen Patient:innen nach dem Klinikaufenthalt wieder zu ihren Psychiater:innen, Hausärzt:innen oder in die psychiatrische Poliklinik. Manche gehen weiterhin ambulant zu ihrem Arzt aus der Klinik oder es werden gemeinsam mit der Person andere Nachbetreuungsmöglichkeiten gesucht.»

In scheinbar ausweglosen Situationen bietet die psychiatrische Krisenintervention Soforthilfe. | © pixabay In scheinbar ausweglosen Situationen bietet die psychiatrische Krisenintervention Soforthilfe. (pixabay)

Stigmata Psychiatrie 

Viele Leute denken bei dem Begriff «Psychiatrie» sofort an Zwangsjacken und Gummizelle. Doch ein Aufenthalt in einer stationären Therapie unterscheidet sich heutzutage sehr stark von diesem Klischee. Gemeinsam mit der zu behandelnden Person wird dort mithilfe von wissenschaftlichen Methoden daran gearbeitet, das Leben wieder in den Griff zu bekommen. Deshalb ist es nach Yvonne Brühwiler auch nicht das Ziel der Krisenintervention, die Patient:innen von der Gesellschaft fernzuhalten, sondern ihnen die Möglichkeit zu einer Neuorientierung und zu einer professionellen Behandlung zu geben.

Insbesondere die Unsicherheit, was in einer «geschlossenen Abteilung» passiert, schreckt aber immer noch viele davon ab, eine Krisenintervention von sich aus anzutreten. Eine geschlossene Abteilung ist jedoch kein Gefängnis. Das bestätigt auch Brühwiler: «Kontakte nach aussen werden in der Regel nicht unterbunden – einzige Ausnahme ist die Forensik.» Die Forensik ist der Bereich einer Psychiatrie, in dem Menschen mit psychischen Krankheiten, die möglicherweise kriminelle Taten begangen haben, untergebracht sind.

Abgesehen von dieser Ausnahme ist aber Sinn und Zweck einer geschlossenen Abteilung, die betroffenen Menschen selbst zu schützen: unter anderem «alte, demente Menschen, die keine Orientierung mehr haben; stark Suizidgefährdete; Patient:innen, welche sich in einem Entzug befinden; akut psychotische Menschen und forensische Patient:innen», gehören laut Brühwiler zu dieser Gruppe. Deshalb bedeutet eine geschlossene Abteilung auch, dass die Türen der betreffenden Station nur von medizinischem Fachpersonal geöffnet werden können – zum Selbstschutz der betroffenen Personen. Patient:innen, welche aber über ärztlich zugelassenen freien Ausgang innerhalb oder auch ausserhalb des Klinikareals verfügen, können sich an das Pflegepersonal wenden, wenn sie die Station verlassen möchten.

Wo finden Betroffene und Angehörige Hilfe?

In der Schweiz bieten fast alle psychiatrischen Kliniken und Dienste eine Krisenintervention an. Einige, wie zum Beispiel die psychiatrische Universitätsklinik Zürich, verfügen sogar über eigene, spezialisierte Kriseninterventionszentren. Andere, wie beispielsweise die psychiatrischen Dienste Graubünden, bieten eine telefonische Kriseninterventionshotline an.

Für betroffene Personen ist die erste Ansprechperson meist der Hausarzt oder die Psychiaterin, aber auch für Angehörige können diese eine wichtige Anlaufstelle sein. Angehörige können sich auch direkt bei einem psychiatrischen Dienst melden. Falls Sie bei sich selbst eine akute Krise feststellen, können Sie sich ebenfalls direkt bei einer solchen Stelle anmelden und sich selbst einweisen lassen.

Sollten Sie aufgrund ihrer Krise akute Suizidgedanken verspüren, bietet die dargebotene Hand mit ihrer kostenfreien Telefonhotline eine Möglichkeit zur Soforthilfe.


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