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Hypercholesterinämie

Zu hohe Cholesterinwerte sind nie gut. Das weiss jeder. Was viele nicht wissen: Es gibt Situationen, die bereits in sehr jungen Jahren zu so hohen Cholesterinspiegeln führen, dass das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall massiv erhöht ist. Sind vielleicht auch Sie betroffen?

Nahaufnahme eines Burgers mit Käse, Salat und Sauce. | © pixabay

Wer zu Herzinfarkten neigt, sollte seine Ernährung im Auge behalten. (pixabay)

Prof. Dr. med. André R. Miserez, Opinion-Leader und Präsident der «Schweizerische Gesellschaft für Familiäre Formen der Hypercholesterinämie» (SGFH), sowie Theodora Varkonyi-Weisz, Geschäftsführerin SGFH, erläutern im Interview, was unter dieser Erkrankung zu verstehen ist und wie die Patientenorganisation Betroffene unterstützen kann.

Prof. Miserez, was ist eine Hypercholesterinämie und was sind familiäre Formen der Hypercholesterinämie?

Hypercholesterinämie bedeutet einen zu hohen Cholesterinspiegel im Blut. Ein erhöhter Cholesterinspiegel ist ein Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen wie beispielsweise Herzinfarkt und Schlaganfall. In gewissen Fällen können erbliche Faktoren dahinterstecken wie im Falle der familiären Formen der Hypercholesterinämie. Betroffene entwickeln schon sehr früh sehr hohe Cholesterinspiegel und Atherosklerose mit einem stark erhöhten kardiovaskulären Risiko.

Was bedeutet das für Betroffene?

Bei Menschen mit familiären Formen der Hypercholesterinämie treten Herzinfarkt oder Schlaganfall frühzeitig auf, charakteristischerweise vor dem 55. Lebensjahr bei Männern und vor dem 60. Lebensjahr bei Frauen. Leider wird die Krankheit oft erst entdeckt, wenn bereits ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall aufgetreten ist.

Und hier kommt die SGFH ins Spiel?

Die Schweizerische Gesellschaft für Familiäre Formen der Hypercholesterinämie, kurz SGFH, ist eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die von Ärztinnen und Ärzte sowie von Patientinnen und Patienten gegründet wurde. Unser Ziel ist es, diese Krankheiten früh zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln, bevor ein Herzinfarkt auftritt. Wir möchten Betroffene und Angehörige fachgerecht beraten und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse umsetzen. Die SGFH vertritt die Interessen der betroffenen Personen, damit ihre Anliegen auch in der Politik ernst genommen werden. 

Wie äussert sich Ihr Engagement konkret?

Theodora Varkonyi-Weisz: Auf unserer Homepage bieten wir Informationen über die Krankheit, eine Patientenbroschüre und weiterführende Unterlagen für die betroffene Person an. Wir organisieren mindestens einmal jährlich ein Patiententreffen, bei dem Betroffene Informationen aus erster Hand erhalten und sich mit anderen Betroffenen austauschen können. Das wird immer sehr geschätzt. Wir planen Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzte, die erkrankten Menschen mit Familiärer Hypercholesterinämie (FH) behandeln. Auch international sind wir gut vernetzt. Ausserdem bieten wir für Personen, die bestimmte Kriterien einer familiären Form erfüllen, kostenlose Check-ups an.

Wie weiss ich denn nun, ob ich ein solches Risiko habe bzw. diese Kriterien erfülle?

Wenn Angehörige ersten Grades (z. B. Eltern, Geschwister) oder Angehörige zweiten Grades (z. B. Nichten, Neffen, Onkel, Tanten, Grosseltern) früh einen Herzinfarkt gehabt haben, d. h. vor dem Alter von 55 bei Männern und vor 60 bei Frauen, dann spricht man von einer verfrühten oder prämaturen Atherosklerose. Besteht zusätzlich ein deutlich erhöhtes Cholesterin, dann steckt mit grosser Wahrscheinlichkeit eine familiäre Form der Hypercholesterinämie dahinter. Diese Personen sind eigentlich einfach zu finden, aber in der Schweiz – und hier bildet die Schweiz im europäischen Vergleich beinahe das Schlusslicht – werden präventive Massnahmen nicht systematisch durchgeführt.

Dabei würde sich das richtig lohnen, oder?

Wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und richtig behandelt wird, haben die Betroffenen eine vollkommen normale Lebenserwartung. Ziel muss sein, diese frühen Herzinfarkte zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr zu verhindern. Man muss auch bedenken, dass zwanzig bis dreissig Prozent dieser Menschen den Herzinfarkt gar nicht überleben. Wenn sie also nicht wissen, dass sie zu dieser Risikogruppe gehören, haben sie gar keine Chance, etwas dagegen zu unternehmen, obwohl es heute sehr gute Medikamente gibt. Deshalb ist die Früherkennung so wichtig. Diese findet in spezialisierten Zentren, sogenannten Lipidzentren, statt, die in der Regel von Internisten geführt werden.

Muss zwingend eine genetische Abklärung erfolgen, um eine FH zu bestätigen?

Nein. Es hat jedoch den Vorteil, dass man im Falle eines Nachweises dieser genetischen Veränderung, die bei etwa 0,5–1 Prozent der Bevölkerung auftritt, in der Familie gezielt danach suchen und vorbeugende Massnahmen ergreifen kann, was insgesamt sehr kosteneffektiv ist, da unter den erstgradigen Verwandten jeweils die Hälfte betroffen ist. Man nennt diesen Ansatz auch Kaskadenscreening.

Welchen konkreten Herausforderungen steht die SGFH aktuell gegenüber?

Zurzeit werden neue Medikamente zugelassen, die speziell zur Behandlung der familiären Hypercholesterinämie entwickelt worden sind. Da sich diese Wirkstoffe in Studien auch in anderen, weitaus grösseren Patientengruppen als hilfreich erwiesen haben, laufen nun gerade die FH-Betroffene, die sie am dringendsten benötigen, Gefahr, sie nicht frühzeitig zu erhalten. Das liegt auch daran, dass diese neuen Medikamente zurzeit nur von bestimmten Expert:innen wie beispielsweise aus der Kardiologie verschrieben werden dürfen. Zum Kardiologen kommt eine FH-Patientin bzw. -patient aber erst, wenn bereits ein kardiovaskuläres Ereignis stattgefunden hat. Die Diagnose und Behandlung, mit dem Ziel dieses zu verhindern, wird allerdings von Fachpersonen aus der inneren Medizin vorgenommen.

Theodora Varkonyi-Weisz: Deshalb ist die Patientenorganisation so wichtig. Wir stellen nicht nur Informationen bereit, wir unterstützen unsere Patientinnen und Patienten aktiv, stehen hinter ihnen und engagieren uns für sie, sodass ihre Anliegen auch gesundheitspolitisch wahrgenommen werden.


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