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ALS – Ursachen, Hypothesen und Prävention

Die genauen Ursachen für eine ALS-Erkrankung sind noch ungeklärt. Es gibt aber einige Forschungsansätze, die eine mögliche Erklärung liefern könnten. Beispielsweise kann man ALS-Erkrankungen in zwei Gruppen unterteilen – in die erbliche und die nicht erbliche ALS.

Person im Rollstuhl mit unterstützender Person vor Zaun. | © unsplash

Die Ursachen für ALS sind bis heute nicht geklärt. (unsplash)

ALS tritt in mehr als 90 Prozent der Fälle sporadisch auf, sodass für Familienangehörige in der Regel kein erhöhtes Krankheitsrisiko besteht.Weniger als 10 Prozent der ALS-Betroffenen haben dagegen weitere Krankheitsfälle in der Familie und somit einen Hinweis auf die erbliche (familiäre) Form der ALS (FALS).

Sollten tatsächlich mehrere Familienmitglieder an einer ALS erkrankt sein, empfiehlt sich nach eingehender Information und reiflicher Überlegung eine genetische Beratung. Trotz intensiver Forschung wurden bisher lediglich zwei Gene mit der ALS in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht.

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Genmutationen als Ursache?

Seit 1993 ist bei etwa 10 Prozent der FALS-Patientinnen und -patienten, d.h. bei weniger als 1 Prozent aller ALS-Patientinnen und Patienten, ein erblicher Defekt auf dem Chromosom 21 nachweisbar. Die genetischen Veränderungen (Mutationen) im Gen der Superoxiddismutase (SOD1), einem Protein, das im Zentralen Nervensystem für die Entgiftung zellulärer Sauerstoffradikale verantwortlich ist, stellen bei diesen ALS-Betroffenen die Ursache dar.

Auf welchem Weg dieser Enzymdefekt zum Krankheitsausbruch führt, ist bisher nicht abschliessend geklärt. Vermutlich bewirkt die Mutation eine toxische Funktionsänderung des SOD1-Proteins, die eine Degeneration der motorischen Nervenzellen verursacht und so zum Krankheitsausbruch führt. Der Mechanismus der Neuronenschädigung ist aber unbekannt.

Im Jahr 2001 wurde das ALS2 (Alsin)-Gen identifiziert, das wahrscheinlich an bestimmten Transportfunktionen innerhalb von Nervenzellen beteiligt ist. Allerdings konnte die ursächliche Bedeutung dieses Gens für die ALS nur für Familien in Nordafrika und Kuweit nachgewiesen werden. Für die übrigen 90 Prozent der familiären ALS-Fälle ist die Mutation noch völlig unbekannt. Die Forschung hofft aber, durch diese seltenen Mutationen auch Informationen über Ursachen und Mechanismen der Nervenzelldegeneration bei der häufigeren sporadischen ALS zu gewinnen. Bisher können lediglich Hypothesen bezüglich ihrer Ursache formuliert werden.

Bild eines Gens | © pixabay ALS kann erblich bedingt sein, muss es aber nicht. (pixabay)

Nichterblich bedingte ALS

Obwohl die Ursache der nichterblichen Form von ALS weitgehend unverstanden ist, scheint es unwahrscheinlich, dass eine einzelne Ursache für die Krankheitsentstehung verantwortlich ist. 
Die Ursachenforschung geht derzeit davon aus, dass verschiedene genetische und äussere Faktoren durch Wechselwirkung zur Krankheitsverursachung beitragen.

Zu viel Glutamat als Auslöser?

Die bekannteste Hypothese zur Entstehung der ALS ist die Glutamattoxizität. Glutamat ist ein Botenstoff (Neurotransmitter), der die Weiterleitung von Signalen zwischen motorischen Neuronen im Zentralnervensystem bewirkt.

Mit Hilfe der Neurotransmitter werden vom Gehirn ausgesandte Informationen zur Muskulatur weitergeleitet. Der Verlust von Glutamat-Aufnahmeproteinen infolge einer Veränderung der Rezeptoren dieses Botenstoffs oder eine unkontrollierte Glutamatfreisetzung infolge einer Störung des Glutamattransportes, kann zu hohen Glutamatkonzentrationen im synaptischen Spalt führen.

Diese Akkumulation löst einen neurotoxischen Prozess aus, der für die Degeneration der motorischen Nervenzellen bei der ALS verantwortlich gemacht wird. Auf Grundlage der Hypothese der Glutamattoxizität wurde ein Medikament mit einem Glutamat-Hemmstoff zur Behandlung der ALS entwickelt.

Die Neurofilamenthypothese

Als weitere mögliche Ursache der ALS wird die Neurofilamenthypothese diskutiert. Stütz- und Transportmoleküle bestimmen sowohl den gerüstartigen Aufbau einer Nervenzelle (Zytoskelett) als auch die Transportprozesse von Zellbestandteilen. Wesentliche Eiweiss-Bestandteile des Zytoskeletts sind mikroskopisch kleine Röhrensysteme, die Neurofilamente.

Eine Störung des Zytoskeletts zeigt sich als Störung des axonalen Transportes, die sich durch eine Schwellung des Zellkörpers von motorischen Nervenzellen und ihrer Fortsätze darstellt. 
Dieses Wissen ermöglichte den Nachweis genetischer Veränderungen bei einigen ALS-Betroffenen, sodass die seltene Mutation im Neurofilament-Gen als genetischer Risikofaktor der ALS angesehen wird.

ALS – eine Immunreaktion?

Bei einer geringen Zahl von ALS-Betroffenen konnten hingegen Immunreaktionen gegen körpereigene Nervenbestandteile nachgewiesen werden. Laut der Autoimmunhypothese reagieren Antikörper mit Oberflächenstrukturen der Neurone und deren Fortsätzen. Da diese Autoantikörper aber auch bei anderen Erkrankungen auftreten, ist eine ursächliche Bedeutung von Immunreaktionen für die ALS eher unwahrscheinlich.

Die Virushypothese

Es gab auch Hinweise, dass die sporadische ALS durch Infektionen mit Viren verursacht wird, denn ein Befall motorischer Nervenzellen zum Beispiel durch das Poliomyelitis-Virus weist klinische Parallelen zur ALS auf. Verschiedene Untersuchungen zur ursächlichen Bedeutung dieser und anderer Viren haben jedoch keine Bestätigung der Virushypothese ergeben.

Die VEGF-Hypothese

Ähnlich unsicher ist die VEGF-Hypothese, die auf eine tierexperimentelle Untersuchungsreihe im Jahr 2001 zurückgeht, in der die gentechnische Ausschaltung des Wachstumsfaktors VEGF bei Mäusen zu einer motorischen Erkrankung ähnlich der ALS führte.

Bisherige Untersuchungen am Menschen konnten allerdings nicht eindeutig belegen, dass bei einem Teil der ALS-Betroffenen ein Mangel an VEGF zur Degeneration motorischer Nervenzellen beiträgt.

Physische Aktivitätshypothese

Ein interessanter Ansatz ist die physische Aktivitätshypothese. Im Januar 2005 wurden die Ergebnisse einer Untersuchung der Häufigkeit von ALS bei italienischen Fussballspielern von dem Neurologen Dr. Adriano Chio publiziert. Die Studie umfasste 7325 Fussballspieler, die zwischen 1970 und 2002 in der Serie A oder B aktiv waren.

Insgesamt wurden fünf Spieler identifiziert, die in dieser Zeit an ALS erkrankt sind. Da die Anzahl der statistisch zu erwartenden ALS-Erkrankungen in der untersuchten Sportlergruppe lediglich 0,77 Personen beträgt, besteht in der Berufsgruppe der italienischen Fussballprofis ein 6,5-fach erhöhtes Risiko einer ALS im Vergleich zur Normalbevölkerung

Fotos von zwei Fussballspielern, die um den Ball kämpfen. | © unsplash Laut einer italienischen Studie besteht bei Fussballern ein höheres Risiko für ALS. (unsplash)

Mögliche Ursachen hierfür können hohe körperliche Aktivität im Allgemeinen, der Gebrauch illegaler Substanzen zur Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit («Doping») oder genetische Faktoren für eine erhöhte Leistungsfähigkeit sein, die im späteren Lebensverlauf insbesondere bei Fussballspielern einen negativen Einfluss auf die Funktion motorischer Nervenzellen haben.

Möglicherweise ist das ALS-Risiko aber auch fussballspezifisch und geht auf Mikrotraumatisierungen, z.B. durch Kopfbälle oder spezielle Umweltfaktoren, z.B. durch Düngemittel auf Fussballplätzen zurück. 

Auch eine systematische Analyse von 696.000 US-Soldatinnen und Soldaten, die 1990 im 1. Golfkrieg aktiv im Einsatz waren, ergab eine erhöhte Erkrankungshäufigkeit. Während von diesen Soldatinnen und Soldaten 40 Personen an ALS erkrankten, wurden in einer vergleichbaren Gruppe von 1,8 Millionen US-Soldatinnen und Soldaten ohne Einsatz im Golfgebiet lediglich 67 Neuerkrankungen festgestellt.

Frühere Untersuchungen des Zusammenhangs zwischen dem Körpergewicht, körperlicher Aktivität und einem erhöhten Erkrankungsrisiko haben gezeigt, dass ALS-Betroffene vor Ausbruch der Krankheit häufig körperlich sehr aktive und schlanke Menschen waren. Allerdings sind ein schlanker Körperbau und körperliche Anstrengung keinesfalls als alleinige Ursachen der ALS, sondern als mögliche Risikofaktoren in einem komplexen Ursachengefüge aus genetischen und exogenen Faktoren zu betrachten.


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