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Amputation: ein unwiderrufliches Geschehen

Der Verlust eines Körperteils, ist einer der massivsten Körpereingriffe, die ein Mensch erleben kann. Betrifft es ein Bein oder einen Arm, leicht ist so eine Amputation nie. Aber ein bisschen leichter kann es sein, wenn man Hilfe und Tipps annimmt.

Mann in kurzen Hosen mit nur einem Bein. | © pexels

Eine Amputation ist immer ein belastendes Ereignis. (pexels)

«Als ich nach drei Tagen aus dem Koma aufgewacht bin, hab ich gesehen, dass der Arm fehlt. Dann wollte ich unbedingt wieder einschlafen. Ich hab mir eingeredet, das wird schon wieder, ich träum nur», erzählt Katharina von ihren ersten bewussten Gedanken, nach ihrem Unfall.

Einschlafen, aufwachen und alles ist wieder wie früher. Das wünschen sich viele frisch amputierte Menschen. Aber leider, eine Amputation ist ein unwiderrufliches körperliches Geschehen. Jede auch noch so geringfügige Amputation an einer Extremität bedeutet für den Patienten den Verlust eines differenzierten Körperteils und damit einhergehend den Verlust seiner körperlichen Integrität. «Der Verlust einer Gliedmasse ist gleichzusetzen mit dem Verlust eines nahen Angehörigen», sagt Dagmar Gail, Vorsitzende und Gründerin der Amputierten-Initiative e.V. in Deutschland. Auch die raffinierteste Technik ist nicht in der Lage, diesen Verlust durch eine Prothese vollkommen zu ersetzen.

Amputationsursachen

Es gibt unterschiedliche Ursachen, die zu einer Amputation führen können. Dabei ist von wesentlicher Bedeutung, ob sich der Betroffene infolge einer langjährigen Erkrankung bereits vor der Amputation mit dem drohenden Verlust auseinandersetzen kann, oder ob der Verlust einer Gliedmasse durch ein traumatisches Ereignis bedingt ist.

Der häufigste Grund für eine Amputation der unteren Extremität sind Gefässerkrankungen. Weitere Ursachen sind zum Beispiel Diabetes mellitus, Unfälle, Tumor- und Malignomerkrankungen. Amputationen der oberen Extremität sind zirka 17-Mal seltener. Die häufigste Ursache sind Traumata.

Die Anzahl der Amputationen kann sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz nur geschätzt werden. Ein Amputationsregister gibt es nicht. Amputationen nehmen weltweit aufgrund der zunehmenden Erkrankung an Diabetes mellitus und arterieller Verschlusskrankheiten deutlich zu. «Dies hängt mit der steigenden Lebenserwartung und unseren Ernährungsgewohnheiten zusammen», erklärt Thomas Böni, leitender Arzt der Uniklinik Balgrist in Zürich.  

Eine Person, die vorhat zu sprinten, in Startposition.  | © unsplash Sport und Prothesen schliessen sich nicht per se aus. (unsplash)

Gute Vorbereitung hilft Genesung

Wer die Chance hat, sich auf eine Amputation vorzubereiten, sollte diese Zeit bis zur Operation so gut wie möglich nutzen, damit die Heilung und Rehabilitation auch optimal verläuft.

Dabei gilt es, sowohl die körperlichen als auch die seelischen Aspekte zu berücksichtigen, die bei dem medizinischen Eingriff entstehen. Wichtig ist es, sich schon frühzeitig vom behandelnden Arzt über den kompletten Ablauf und die Folgen der Operation informieren zu lassen. Dabei sollten alle Fragen über den Operationsablauf, die Nachbehandlung und allfällige Prothesen geklärt und Unsicherheiten in Bezug auf Beruf und Alltag beseitigt werden.

Weiters sollten die Angehörigen in den gesamten Amputationsverlauf miteinbezogen werden. Sie sind sehr wichtig und können der betroffenen Person moralisch und praktisch tatkräftig unterstützen. Als zusätzlich Informationsquelle und Unterstützung können auch Amputations-Selbsthilfegruppen und EnableMe-Botschafter beigezogen werden. Durch die persönlichen Erfahrungen von Menschen mit Amputationen können Ängste, Sorgen und Ungewissheit abgebaut werden.

Die richtige Einstellung zur Amputation finden

Ein wichtiger Punkt ist die persönliche Einstellung der betroffenen Person zur Amputation. Diese sollte als positiver Schritt zur Verbesserung oder Stabilisierung des Gesundheitszustandes angesehen werden. Die Genesung und Rehabilitation kann nur erfolgreich verlaufen, wenn die Patientin bzw. der Patient beim ganzen Prozess aktiv mitwirkt. Dabei muss klar bleiben, dass der Behandlungsablauf individuell erfolgt und direkte Vergleiche mit anderen rehabilitierenden Personen nicht möglich sind.

Wenn keine Vorbereitungsphase möglich ist, rät Doktor Thomas Böni, sofort nach dem Ereignis, so frühzeitig wie möglich, mit Selbstbetroffenen, die eine positive Lebensperspektive vermitteln können, ins Gespräch zu kommen. Ebenso wichtig ist eine psychologische oder psychiatrische Unterstützung und ein gutes Behandlungsteam, das Sicherheit und Vertrauen einflösst, ohne unrealistische Hoffnungen zu wecken.

Das Davor und Danach

«Patienten haben vor einer Amputation oft Angst und sind manchmal sehr deprimiert. Sobald aber das Vertrauen zum Arzt und zum Behandlungsteam hergestellt ist, hellt sich die Stimmung auf», erzählt Thomas Böni. Nach der Operation stehen bei den Betroffenen erstmal die Schmerzen im Vordergrund und unmittelbaren Fragen nach dem «neuen» Leben. «Als allererstes hatte ich mit den Schmerzen zu kämpfen. Erst später kam mir der Gedanke: Was kann ich noch, was kann ich nicht mehr», erzählt Manfred M. von seiner Amputation nach einem Autounfall.  

«Für viele Patienten ist die Vorstellung schlimmer als die Wirklichkeit und sie finden sich mit der neuen Situation bald erstaunlich gut zurecht. Andere benötigen etwas mehr Zeit und können zum Beispiel den Stumpf am Anfang während dem Verbandwechseln noch nicht anschauen. Mit Geduld und Zuneigung kann der Patient in der Regel bald seinen Zustand akzeptieren. Wichtig ist, dass wir und die Angehörigen ihn als vollwertigen Menschen glaubhaft akzeptieren können, dies überträgt sich auf den Patienten und sein Selbstwertgefühl», sagt der Amputationsarzt Thomas Böni.

Amputation + Ich.

Hilfreiche Informationen finden Betroffene auch in der Broschüre «Amputation + Ich.», die im Rahmen unserer Partnerschaft mit Ottobock entstanden ist.

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Die Zeit zwischen Operation und Prothesenanpassung

Für die meisten Betroffenen gestaltet sich der Prozess zwischen Operation und Prothesenanpassung besonders kräftezehrend und langwierig. Betroffene sind nach einer Amputation mit einer Vielzahl von Veränderungen konfrontiert. Neben den körperlichen Funktionseinschränkungen spielen auch Entwicklungen im psychosozialen Bereich eine wesentliche Rolle. Oftmals müssen auch Veränderungen im beruflichen und familiären Umfeld verarbeitet werden.

In dieser Phase arbeiten viele Spezialistinnen und Spezialisten zusammen, um der betroffenen Person möglichst grosse Mobilität und Beweglichkeit zu gewährleisten. Neben diesen physischen Massnahmen spielen auch die psychische Rehabilitation und die soziale Situation wesentliche Rollen

Ein Grossteil der Amputierten erlebt in dieser Phase Stumpf- oder Phantomschmerzen. Stumpfschmerzen manifestieren sich durch Prozesse, die im Stumpf selbst lokalisiert sind. Phantomschmerzen können im Anschluss an die Abtrennung oder Denervierung eines Körperteils auftreten. Sie nehmen verschiedene Schmerzcharakteristika an und werden durch unterschiedlichste Faktoren ausgelöst. Bei der Phantomsensation handelt es sich um Empfindungen im Bereich des nicht mehr vorhandenen Körperteils.

«Sofern das möglich ist, müssen Patienten schon vor der Amputation auf das Risiko von Phantomschmerzen hingewiesen werden. Wir rechnen mit etwa 10 Prozent therapierefraktären Phantomschmerzen, die ein grosses Problem darstellen. Eine gute präoperative und postoperative Schmerzbehandlung ist wichtig. Heute stehen leistungsfähige Medikamente zur Bekämpfung der Phantomschmerzen zur Verfügung, daneben ist eine frühzeitige Aktivität mit dem Stumpf wichtig», erklärt der leitende Arzt Thomas Böni.   

Es gibt kein Amputations-Bewältigungs-Patentrezept

Jeder einzelne betroffene Mensch bewältigt seine Amputation anders. Persönlichkeitsfaktoren, das soziale Umfeld und vorangegangene Lebensereignisse sind für die Verarbeitung einer Amputation von grosser Bedeutung.

Manfred M. und Katharina S., beide aufgrund eines Autounfalls amputiert, haben für Sie auf die wichtigsten Fragen, die sich rund um eine Amputation stellen, geantwortet.

Lesen Sie hier die beiden vollständigen Interviews:
Manfred M.: Unterschenkelamputation
Katharina S.: Armamputation


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