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Was ist eine Behinderung? Definitionen klären auf.

Trotz fortschrittlicher Definitionen seitens der WHO und UNO Behindertenrechtskonvention werden Menschen mit Behinderungen sehr oft stigmatisiert. Von einem Merkmal einer Person wird auf ihr ganzes Wesen geschlossen. Dabei wird ausser Acht gelassen, wie divers Menschen mit Behinderungen sind und auch welche Auswirkungen Stigmata auf Betroffene haben. Wir beleuchten verschiedene Ansätze und zeigen auf, dass es «die Behinderung» nicht gibt.

Mädchen sitzt auf einer Barriere. | © pexels

Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert. (pexels)

Die Definition von Behinderung ist «komplex, dynamisch, multidimensional und umstritten», stellt die WHO fest. Erfahren Sie, weshalb das so ist und wieso es sich lohnt, unser eigenes Gedankenkonstrukt zu hinterfragen. Beginnen wir mit den offiziellen Definitionen. Bereits hier lassen sich viele Unterschiede ausmachen.

  • 1

    Definition Behindertengleichstellungsgesetz Schweiz (BehiG)

    Gemäss BehiG ist ein Mensch mit Behinderungen:

     

    «eine Person, der es eine voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung erschwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und fortzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben.» (siehe Behindertengleichstellungsgesetz, Art. 2).

     

    Die Definition des BehiG:

    • Setzt voraus, dass ein gesundheitliches Problem besteht, das medizinisch diagnostiziert werden kann und die soziale Teilhabe erschwert.
    • Sorgt für Schutz, Förderung und Hilfe.
    • Blendet umweltbedingte Barrieren aus.

     

    Kurzes Beispiel dazu: Kann eine mobilitätseingeschränkte Person ein Gebäude wegen des Rollstuhls nicht betreten oder ist das Gebäude nicht barrierefrei zugänglich? Diese Wechselwirkung steht in der Definition der WHO im Zentrum.

  • 2

    Definition Weltgesundheitsorganisation WHO

    Nach der Definition der WHO wird von Behinderung gesprochen, wenn:

     

    «ein gesundheitliches Problem oder ein Unfall zu einer Beeinträchtigung einer Körperfunktion oder -struktur einer Person führt und die Fähigkeit zur Verrichtung gewisser Aktivitäten einschränkt oder Tätigkeiten in ihrem sozialen Umfeld erschwert werden» (siehe World Report on Disability).

     

    Die Definition der WHO:

    • Anerkennt, dass Menschen sowohl durch ihren Körper als auch durch Umweltfaktoren behindert werden.
    • Widerspiegelt den Übergang von einem medizinischen Modell, wie es im BehiG angewendet wird, zu einem sozialen.
       

    Behinderung ist somit nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein soziales Problem, das entsteht, wenn eine Person aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, grundlegenden Verrichtungen des Alltags nachzugehen oder voll am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

  • 3

    Definition United Nations Organization UNO

    Die Weltorganisation UNO definiert «Behinderung» indem sie die drei Aspekte der WHO aufgreift und ergänzt:

     

    «Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können». (siehe Übereinkommen zur Behindertenrechtskonvention UNO-BRK, Artikel 1).

     

    Die Schweiz hat die BRK 2014 ratifiziert und sich damit verpflichtet, die Hindernisse zu beheben, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, sie gegen Diskriminierungen zu schützen und Inklusion und Gleichstellung in der Gesellschaft zu fördern.

Aus den verschiedenen Definitionen lässt sich schlussfolgern, dass jeder Mensch, der in irgendeiner Art und Weise von der sozialen Teilhabe ausgeschlossen ist, als behindert angesehen werden kann. Daraus ergibt sich für diese Menschen ein Anspruch auf die Rechte aus der Behindertenrechtskonvention, die ihnen dort zugesprochen werden. Ob mit oder ohne Behinderung: Wichtig ist, dass jeder Mensch gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben kann.

Arten der Behinderung

Ein Grund für die Komplexität der Definition ist auch die Diversität von Menschen mit Behinderungen. So wird längst nicht nur der Stereotyp «Rollstuhlfahrer» behindert, sondern auch das Kind mit Zerebralparese, die Frau mittleren Alters, die an einer Depression leidet oder eine ältere Person mit Demenz. Gesundheitszustände können sichtbar oder unsichtbar sein, vorübergehend oder dauerhaft, statisch, schubförmig oder degenerierend, schmerzhaft oder unbedeutend. Kurz gesagt: Behinderungen sind Teil unseres Lebens und sie können jede:n von uns treffen, zu jedem Zeitpunkt. Viele Menschen mit Behinderungen fühlen sich allerdings nicht krank, sondern je nach aktuellem Gesundheitszustand durchaus fit und wohl. Eine Übersicht über (fast) die ganze Palette unterschiedlicher Behinderungen und Krankheiten finden Sie im Themenbereich Behinderungen.

Stigmata und Stereotype

Auch wenn fast jede:r von uns irgendwann im Leben vorübergehend oder dauerhaft beeinträchtigt sein wird, werden Menschen mit Behinderungen sehr oft stigmatisiert. Weshalb? Die Wissenschaft gibt hier Antworten.

Der Soziologe Erwin Goffman und andere Sozialwissenschaftler:innen definieren Behinderung als Stigma. Stigmata sind gedankliche Konstruktionen, durch die sich Menschen die Wahrnehmung anderer Personen vereinfachen. Von einem Merkmal wird auf die ganze Person geschlossen. Sie ersparen somit differenziertes Denken. Obwohl zum Beispiel Menschen mit einer psychischen Erkrankung ganz andere Herausforderungen haben als Menschen mit einer Körperbehinderung, werden sie als «Behinderte» oftmals in dieselbe Schublade gesteckt.

Ein Mann in Jogginghosen im Rollstuhl. Der Kopf des Mannes ist im Bild nicht sichtbar. | © pexels Sehen wir den Rollstuhl oder den Menschen im Rollstuhl mit all seinen vielseitigen Merkmalen? (pexels)

Stigmata sind negativ behaftet, weshalb Menschen mit Behinderungen leider oftmals haarsträubende Eigenschaften wie Dummheit, Faulheit oder mangelnder Durchhaltewillen zugeschrieben werden. Andere Merkmale der Person, wie zum Beispiel Charakter oder Bildungsstand, können diese Vorurteile nicht kompensieren. Klar, dass solche Stigmatisierungen enorme Auswirkungen auf die Betroffen haben. Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten zweifeln an sich selbst, ziehen sich aus der Gesellschaft zurück oder resignieren. Auch versuchen sie, ihre Krankheit oder Behinderung so gut es geht geheim zu halten – aus Angst vor Stigmatisierung.

Vielfalt der Gesellschaft schätzen

Was wir also mitnehmen: Verallgemeinerungen und Stereotype über «Behinderung» oder «Menschen mit Behinderungen» führen eindeutig in die Irre. Personen mit Behinderungen haben vielfältige persönliche Eigenheiten in Bezug auf Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Bildungsstand oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nationalität, Religion oder Volksgruppe. Und jede:r geht wieder anders mit seiner Behinderung um. Differenziertes Denken lohnt sich, um die Vorteile einer diversen Gesellschaft zu erkennen.

Mit Informationen und Austausch kann es gelingen, über Hintergründe, Ursachen und Folgen einer Behinderung oder Krankheit zu informieren und Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht allein sind und Unterstützung in Anspruch nehmen sollten, um neue Perspektiven zu finden. Dieses Ziel möchten wir mit unserem Informationsportal EnableMe, unserer Community und mit unseren verschiedenen Angeboten erreichen.


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