Tauchen als Therapie

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Pressebericht Marbacher Zeitung:

Unter Wasser das Selbstvertrauen stärken

Die Marbacher Martin und Doris Gehring betonen den therapeutischen Aspekt des Tauchsports - Spezielles Angebot für Behinderte


Marbach. Tauchen ist mehr als ein Sport: Vor allem auf Behinderte wirkt schwereloses Dahingleiten unter Wasser oft wie eine Therapie, die Körperempfinden und Selbstwertgefühl gleichsam stärkt. Martin und Doris Gehring wollen darum in Marbach mit Gehandicapten abtauchen.

Von Dominik Thewes



Wie viele Taucher seiner Generation ist Martin Gehring dem Ruf Jacques Cousteaus gefolgt. "Er hat in mir die Neugier auf die Welt unter Wasser geweckt", sagt der heute 46-Jährige. Die bunte Pracht des Meeres, aber auch die Schwerelosigkeit haben den Marbacher von Anfang an fasziniert.

Damals hat sich Martin Gehring allerdings noch nicht träumen lassen, dass er dieses einmalige Körpererlebnis einmal an Menschen weitergibt, die lange Zeit vom Tauchsport ausgeschlossen waren. "Während bereits vielerorts mit Behinderten getaucht wurde, passierte in Baden-Württemberg nichts dergleichen", erinnert sich der selbstständige Schankanlagenbauer. Als er von der Internationalen Vereinigung gehandicapter Taucher (IAHD) erfahren hatte, hat sich der Tauchausbilder darum gleich zum speziellen Behindertentauchlehrer weiterbilden lassen.

Bis Tauchen von den Krankenkassen offiziell als Therapie anerkannt werde - wie es etwa in Amerika schon lange der Fall ist - sei es noch ein weiter Weg. Trotzdem sind die Gehrings heute schon gefragte Leute. Als speziell ausgebildete Taucher sind sie noch immer einzigartig im "Ländle". Schon in der kommenden Woche wird Martin Gehring wieder zu einem Vortrag reisen. "Wir bekommen häufig Anfragen von Tauchvereinen, die Interesse an dem Thema haben."



Die Teilnehmer lernen dann, worauf es ankommt, wenn etwa ein Querschnittsgelähmter tauchen will. Was bei einem Diabetiker zu beachten ist und warum der Sport Menschen helfen kann, die an multipler Sklerose erkrankt sind. "Tauchen stärkt die Muskulatur und reduziert Spastiken", erklärt Martin Gehring. "Das Wichtigste für mich ist aber, dass das Selbstwertgefühl eine unglaubliche Steigerung erfährt."


Das liegt nach Ansicht der beiden Marbacher auch daran, dass Tauchen ein Gruppenereignis ist. "Wir wollen, dass Behinderte sich wieder heraustrauen und unter Leute kommen", sagt Martin Gehring.

Unterstützung erhält Martin Gehring von seiner Frau Doris. Die angestellte Finanzbeamtin ist ausgebildete Rettungstaucherin bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) und selbst Tauchlehrerin. Und auch Tochter Dunja, die bei einem Sanitätsausstatter arbeitet, ist mit im Boot. Gemeinsam wollen sie von April an auch in Marbach Behinderten ein Taucherlebnis vermitteln. "Je nach Grad der Behinderung, begleiten wir den Taucher zu dritt", sagt Martin Gehring. Vor der Ausbildung steht ein Arztbesuch, den Martin Gehring auf Wunsch ebenfalls begleitet. Gibt der Arzt grünes Licht, steht einem Hallenbadtraining nichts mehr im Wege. "Aber natürlich können wir nicht mit jedem einen Tauchgang im freien Wasser wagen", gibt Martin Gehring zu bedenken. Vor allem für geistig Behinderte beschränke sich das Schweben in der Schwerelosigkeit oft auf die vom Hallenbad vorgegebene Wassertiefe.


Marbacher Zeitung 8.02.2008

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