Wie geht das mit der Behindertenquote?

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Hallo

Stimmt das dass es in Deutschland eine Mindestanzahl behinderter Arbeitsnehmer geben muss in Firmen? Ich find das grundsätzlich ja gut, aber ich kann mir nicht recht vorstellen wie das funktioniert. Wenn da eine Stelle frei ist und eine bewirbt sich und ist super, muss ich ihn abweisen nur weil er keine Behinderung hat? das ist ja eigentlich auch eine art Diskriminierung.
Und wie wird das kontrolliert? Und was gilt denn als Behinderung? wird da geschaut, ob der Angestellte in seiner Tätigkeit behindert wird, oder ob er einfach allgemein eine behinderung hat? Und kommen da nicht einfach nur solche eine stelle über die nur eine kleine behinderung haben?
SOrry wenn ich jetzt jemandem auf die Füsse getreten bin, mich interessiert das einfach und versuche mir (als Arbeitsgeber) ein Bild zu machen.
Danke und grüsse
Bob

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  • Hallo Bob,

    super, dass du dich als Arbeitgeber für die Integration von Menschen mit Behinderung interssierst. Vielleicht liest du dir mal für den Einstieg unsere Informationen für Arbeigeber durch:
    http://www.myhandicap.de/arbeitgeber-behinderung.html
    Hier findest du alle wesentlichen Informationen, was Arbeitgeber in Deutschland beachten müssen, bzw können, wenn sie einen Menschen mit Handicap einstellen.

    MyHandicap hat auch ein Buch zu Thema Arbeitsintegration verfasst, das gerade im Druck ist. Wenn du dich dafür interessierst, kann ich dir zum Selbstkostenpreis gerne eines zukommen lassen.

    Viele Grüße sendet dir
    Michaela


  • marry1
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    Hallo Bob,

    habe gerade Ihren Beitrag gelesen und finde es gut das es noch AG gibt die sich mit dem Thema auseinandersetzen.

    Ich kann ja nur aus eigener Erfahrung sprechen und weiß das den wenigsten überhaupt diese Quote interessiert lieber werden Abgaben bezahlt. Warum sollte man einen Behinderten einstellen, wenn man einen gesunden Menschen kriegen kann der entweder die gleiche Qualifikation hat, manchmal sogar weniger.

    Um Sie mal zu zitieren: "Wenn da eine Stelle frei ist und eine bewirbt sich und ist super, muss ich ihn abweisen nur weil er keine Behinderung hat? das ist ja eigentlich auch eine art Diskriminierung. "

    Wen würde ein AG lieber einstellen? Eine Person mit Prothese z.B. oder jemand ohne diesem "Problem" bei gleicher Eignung bzw. Qualifikation, manchmal sogar weniger??

    Wer wird da wirklich diskriminiert?

    Liebe Grüße Marry


  • Guten Tag Bob,

    persönlich finde ich es Super das sie sich für diese Thematik interessieren. Leider bringt die Ausgleichsabgabe in Deutschland nicht wirklich es zur Behinderten - Quote. ( der AG kauft sich mit diesem Beitrag Frei zur gesetzlichen Vorgabe etc.) Der Grund liegt darin das es dem AG = Arbeitgeber nicht weh tut, da die Beiträge sehr gering.

    Um mit der Ausgleichsabgabe Erfolg zu haben ( das mag sich nun brutal lesen ) müsste diese an dem Umsatz / Jahr gekoppelt werden vom Unternehmen. Denn nur dann bekommt man den AG in dieser Thematik zur Umsetzung. Anders leider nicht und auf der Basis der Freiwilligkeit geht schon gar nicht`s.

    Ich finde das sehr viele Talente, Fähigkeiten bei sehr vielen Personen mit einer Behinderung brach liegen, nicht genutzt werden. Auch stimmt es nicht das Behinderte oft eine schlechtere Ausbildung haben als Personen die Nicht - Behindert sind. Oder das nicht genug Motivation etc vorliegt. Solange keine Geistige, sondern nur ein Körperlicher Mangel vorliegt ist es sehr oft falsch in der Aussage.

    Warum ist das so ?
    Was in Deutschland den AG abschreckt sind die Formulare, die Unwissenheit in der Thematik etc.zu dem ganzen Bürokratischen Aufwand der im Vorfeld auf den Weg gebracht werden muss. Und sehr oft ist nicht einmal die Zuständigkeit unter den Träger etc. Rechtlich, ordentlich geregelt.

    An diesem Punkt ist die Politik gefragt in der Zuständigkeit mit den Trägern,.. etc. Und um ganz ehrlich zu sein. Dies ist meine ganz persönliche Auffassung dazu; solange nicht ein umdenken in den Köpfen der Menschen stattfindet wird sich in, zu der Problematik nicht viel ändern. Der Mensch selbst muss das Potenzial in seinem Gegenüber erkennen und nicht durch ein Gesetzt oder anderem Verordnung etc. feststellen lassen. Mfg Lyn


    Ein Link zu der Gesetzlichen Ausgleichsabgabe zum besseren Verständnis für dich;

    http://www.integrationsaemter.de/Fachlexikon/Ausgleichsabgabe/77c350i1p/index.html






  • marry1 hat geschrieben:

    Wen würde ein AG lieber einstellen? Eine Person mit Prothese z.B. oder jemand ohne diesem "Problem" bei gleicher Eignung bzw. Qualifikation, manchmal sogar weniger??



    Natürlich den besten, Handicap hin oder her. In unserem Team arbeitet jetzt ein Tetraplegiker und einer mit MS und sie haben mit ihren QUalifikationen die anderen Bewerber ausgestochen. Da musste ich nicht lange überlegen, wen ich da will. aber wenn jetzt einer ohne Behinderung bessere Qualifikationen gehabt hätte, hätte ich den genommen. Ich als arbeitsgeber will schliesslich einfach die besten Leute.

    Und gerade bei dem Beispiel mit der Prothese. Für ein Arbeit am PC (wir haben eine Internetfirma) stellt eine Prothese keine Behinderung dar.
    Hier in der Schweiz gibt es diese QUote ja nicht, grundsätzlich finde ich sie gut, aber ich sehe auch die Problematik dahinter als AG. Es ist eine Diskussion wert!

    Grüsse
  • Guten Morgen Bob,

    ganz sicher ist es eine Diskussion wert, allein schon aus dem Grunde in der, zu der Thematik, - um immer noch die sehr großen bestehenden Vorurteile zu beiden Seiten entgegenzuwirken und so abzubauen, zu reduzieren. Dies ist jedoch weder durch ein Blatt Papier in der Diskussion zu erreichen, sondern nur durch eine ernsthafte Auseinandersetzung in der Problematik, in einer guten Kommunikation in der gegenseitigen Verständigung.

    Und auch hier gibt es ja bereits große Schwierigkeiten in der ganz allgemeinen Kommunikation, weil eine ganz normale Kommunikation fast gar nicht mehr stattfindet. Auch dies muss zum gegenseitigem Verständnis Neu gelernt, erlernt werden.

    Sicher gebe ich dir gern Recht, das der Anspruch von einem Unternehmer / Arbeitgeber nur den / die Beste möchte für das eigene Unternehmen, - doch wie ich auch hier bereits zu schrieb; - sind die Bürokratischen Anforderungen, Hürden viel zu Hoch, zu kompliziert und nicht tragbar in der Transparenz in und zu der Umsetzung, - nicht gut.

    Ich bin selbst Tetra mit weiteren Behinderungen / mehrfach behindert, nur da wo meine Kollegen am Limit waren, war es mir möglich, war ich erst warm geworden zum Job,- schmunzle. Und so hatte ich ein Potenzial was ein Ottonormalo sage ich mal ganz Salopp nicht mithalten konnte. Null Chancen hatte. Und dies war mir im Umkehrschluss jedoch nur auf Grund meiner Behinderung möglich. So war es Segen & Fluch gleichzeitig. Mein AG hat dies sehr schnell erkannt, jedoch auch nur weil dieser sich mit der Behinderung aus kannte. Und dies ist ein weiterer Punkt, das Auseinandersetzen mit den einzelnen sehr vielen Behinderungen. Behinderung ist nicht gleich Behinderung, auch ein sehr großes Altes Vorurteil.

    Persönlich finde ich es sehr gut, wenn ein AG / Unternehmen sich auf eine Person mit einem Mangel einlässt, es zulässt, beiden so eine faire Chance ermöglicht. Nur leider sind es viel zu wenige Unternehmen die diesen Mut, Toleranz aufbringen haben und das bedauere ich ehrlich für beide Seiten,.. Mfg Lyn😉

  • surfer
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    Hallo Bob Gedorf,

    Du weißt vielleicht wie das in Deutschland ist mit den 5% Behis ab 20 Mitarbeiter.
    Auch in Deutschland wird sich nicht daran gehalten, zumal die Ausgleichsabgabe, die jeder Betrieb zahlen muß, der in dieses Kriterium fällt steuerlich voll absetzbar ist wenn z.B. Aufträge an WfBs vergeben werden.

    Besser wäre, wenn die Unternehmen, die die Quote erfüllen steuerlich begünstigt werden würden oder auch begünstigt wären bei der Vergabe staatlicher Aufträge.
    Oder auch Abteilungen die Behinderte haben bei Personalentscheidungen günstiger dran wären.
    Daneben könnte es immer noch Sanktionen geben.
    Warum einigt sich Europa nicht mal, auch wenn die Schweiz nicht in der EU ist?
    Die UN Charta für Behinderte gibt es doch auch?

    LG

    Surfer
  • Hallo Surfer

    Ja, diese Charte gibt es, aber die Schweiz hat sie nicht unterzeichnet. MyHandicap hat dazu ein paar artikel gemacht auf der Schweizer Infoseite: http://www.myhandicap.ch/uebersicht-uno-behinderten-konvnetion.html

    Ich fürchte, die schweiz wird nie unterschreiben und somit wird sich auch die Arbeitssituation für behinderte Menschen nicht vergessern. Andererseits sehe ich, dass diese Quote in Deutschland auch nicht wirlich eine Verbesserung gebracht hat, oder schon?

    Lieber Gruss von Laure
  • Hallo Bob,

    ich habe letztes Jahr die Schule mit dem Abitur beendet und war lange Zeit sehr,
    sehr unschlüsslig darübr was ich jetzt machen sollte.

    Inzwischen hab ich an die 50 Bewerbungen geschrieben und nicht eine einzige Zusage erhalten, weder für eine Berufsausbildung noch für einen Dualen Studienplatz, inzwischen setzte ich meine ganze Hoffnung darauf, dass ich im Herbst ein normales
    Studium beginnen kann. An einer Stelle, an der ich mich beworben habe, galt die "Mittlere Reife" als Vorrausetzung es hieß Bewerber mit höherem Bildungsabschluss werden bevorzugt, nicht einmal da wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
    An anderer Stelle wurde mir bei der Anfrage nach einem Praktikumsplatz gesagt, dass ich es in der nächstliegenden Großstadt versuchen sollte, da diese näher an meinem Wohnort liegen würde was nicht der Fall ist.

    Der ideale Bewerber ist noch immer männlich, jung, kinderlos und erfreut sich bester Gesundheit. Eine Rollstuhlfahrerin passt einfach nicht ins Bild eines wachstumsorientierten Unternehmes. Vielleicht kannst Du als Arbeitgeber ja einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Einstellung in den Köpfen der Menschen endlich ändert, ich wäre Dir und ich glaube ich spreche für uns alle dafür unendlich dankbar.

    Ich finde es toll von Dir, dass Du Dich nach der Behindertenquote erkundigst, aber ich muss leider wie die anderen sagen, dass sie ihr Ziel vollständig verfehlt hat.
    Viele Betriebe beschäftigen inzwischen Rechtsanwälte, die Absagen für sie formulieren, aus denen nicht mehr herrauszulesen ist, was der wirkliche Grund für die Absage ist, man hat als Bewerber keine Möglichkeit dagegen rechtliche Schritte einzuleiten. Ferner ist die Einstellung eines behinderten Bewerbers seit Einführung der Quote immer mit einem höheren Risiko verbunden, da ein Betrieb der ersteinmal einen Behinderten beschäftigt, ihn nicht mehr so leicht los wird, wenn der jenige nicht mehr die entsprechende Leistung bringt oder der schlechte Umsatz ein Unternehmen dazu zwingt, sich zu verkleinern.


    Eine möglicherweise sinnvollere Alternative, wäre meiner Ansicht nach, ein jährlicher Wettbewerb bei dem das behinderstenfreundlichste Unternehmen eines Bundeslandes ausgezeichnet würde.

    Gruß,
    Elen
  • Was meint ihr dazu, wenn ein Leichtbehinderter nach einer Absage auf Umwegen erfährt, dass er für ein Unternehmen ein zu hohes Ausfallrisiko darstellt?

    Genau sowas war mir passiert und was der Gipfel an der ganzen Sache war, dass es bei dem betreffenden Unternehmung um eine Stiftung für Behinderte gehandelt hatte! 😡
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